Drei Freundinnen um die 30 Jahre verbringen das Pfingstwochenende gemeinsam: Romantikerin Romi und Nihilistin Szibilla werden nur durch die dritte, Nora, zusammen gehalten. Doch die hat sich in ihr Kinderzimmer im Rheintal zurückgezogen, liegt im Bett – und schweigt. Das ist die Ausgangssituation des Buches «Die liegende Frau» der Ostschweizer Autorin Laura Vogt: ein mutiges Werk über Familie, Frauenfreundschaften, Freiheit und Verantwortung, das mehr Fragen als Antworten bietet.
Im Gespräch mit Fadegrad-Gastgeberin Ines Schaberger verrät Laura Vogt, dass sie schon als Kind Schriftstellerin werden wollte – oder Archäologin. Denn bei beiden Traumberufen gehe es darum, denn Dingen auf den Grund zu gehen und Grenzen zu überwinden.
«Das Schreiben ist mein liebster Zugang, über die Welt nachzudenken.»
Themen des Podcasts mit Laura Vogt:
- 01:04 Worum es in „Die liegende Frau“ geht
- 03:27 Kindheit und Traumberuf: Was Archäologinnen und Schriftstellerinnen verbindet
- 06:39 Frauen um die 30 – oder wie Laura Vogt ihre Figuren entwickelt
- 09:06 Inspirationsquellen fürs Schreiben
- 10:06 Eigene Kinder: Ja oder Nein?
- 14:25 Generationenkonflikt
- 15:38 Wo endet Freiheit und beginnt Verantwortung?
- 20:01 Wovon musste sich Laura Vogt befreien?
- 22:22 Über die menschliche Existenz und den Sinn des Lebens
- 26:22 Frauenfreundschaften
- 29:04 Die Gretchenfrage: Laura Vogt, wie hast dus mit der Religion?
- 32:17 Ausblick auf neues Buchprojekt
Laura Vogt
Die Ostschweizer Autorin Laura Vogt ist 1989 in Teufen im Appenzellerland geboren. Sie hat Kulturwissenschaften in Luzern und literarisches Schreiben in Biel studiert. «Die liegende Frau» ist nach «Was uns betrifft» und «So einfach war es zu gehen» ihr drittes Buch.
Foto: Ayse Yavas
Ambivalente Frauenfiguren
Wer das Buch «Die liegende Frau» liest, taucht tief in die Gedanken- und Gefühlswelt dreier Frauen um die 30 ein.
So liebt die schwangere Romi zwei Männer und versucht, mittels Listen Ordnung in ihr Leben zu bringen.
Nora, deren Leben scheinbar perfekt verläuft, ist gerade ausgezogen von der gemeinsamen Wohnung mit ihrem Freund und träumt von einem Leben ganz für sich.
Und hinter der rechthaberischen und direkten Szibilla steckt eine Frau mit schwarzem Humor, die von der Liebe überrascht wird.
Zu Beginn des Schreibprozesses habe Laura Vogt nicht gewusst, wie das Buch enden würde, verrät sie im Podcast. «Meine Figuren treffen teilweise Entscheidungen, bei denen ich denke: Wie bitte?! Doch diese Ambivalenz gehört zum Menschsein», so Laura Vogt dazu.
«Es gibt mehr rationale Gründe gegen als für Kinder»
«Die liegende Frau» thematisiert eine Frau, die sich dazu entscheiden hat, ein Kind zu bekommen, eine, die sich auf ihr zweites Kind freut sowie eine, die ihre Mutterschaft bereut. «Es gibt mehr rationale Gründe gegen als für Kinder, aber zum Glück gibt es nicht nur rationale Gründe», so Laura Vogt, die das Buch schrieb, als sie selbst mit ihrem zweiten Kind schwanger war. Sie sei froh, dass sie die Entscheidung für ihr erstes Kind gegen Ende ihres Studiums intuitiv gefällt habe. «Ich habe so viel gelernt durch meine Kinder und durch die Verantwortung, die ich als Mutter für sie trage», erzählt sie.
«Kinder sind so genial! Von ihrer Art, Fragen zu stellen und die Welt zu sehen, habe ich viel gelernt.»
Um eine gute Mutter sein zu können, gelte es jedoch, die eigenen Bedürfnisse wahrzunehmen und kommunizieren zu können. «Wir wurden nicht dazu erzogen, die eigenen Bedürfnisse zu kennen. Das ist in Bezug auf Mutterschaft ein Problem. Ich höre immer noch häufig, dass die Mutter die wichtigste Person für das Kind sei. Aber wo bleibt dann die Person dahinter? Sie ist ja nicht nur Mutter, sondern auch Schwester, Arbeitnehmerin, Frau und Mensch.»
Foto: Ayse Yavas
Mehr als Schönwetter-Freundinnen
So unterschiedlich die drei Frauen im Buch «Die liegende Frau» auch sein mögen, am Schluss halten sie doch zusammen und trotzen jedem Wind und Wetter, auch dem stärksten Sturm. Auch Laura Vogt hat solche Freundinnen, auf die sie sich seit vielen Jahren verlassen kann, erzählt sie. Sie erlebe dies als grosses Geschenk. «Freundschaften sind etwas Existenzielles. Im Gegensatz zu klassischen Paarbeziehungen haben sie viel mehr Spielraum: Man kann sich beispielsweise auch länger nicht sehen, hat weniger vorgeprägte Regeln und vieles miteinander tragen». In Freundschaften könne sie sich verletzlich machen und dürfe sie selbst sein.
Lesungen von Laura Vogt
Wer Laura Vogt bei einer Lesung treffen möchte, wird auf ihrer Website unter Termine fündig.
29.06.2024 – 19:30 Uhr : Speicher
Lesung gemeinsam mit Ralf Bruggmann anlässlich des 50-Jahr-Jubiläum der Pauluspfarrei Speicher Trogen Wald
Mit Musik von Sergio Pastore
Ort: Kirche Bendlehn
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Ich bin Ines, Journalistin, Religionspädagogin und Theologin. Ich liebe Wiener Kaffeehäuser, Schweizer Bergseen und Fragen stellen. Ich komme aus Niederösterreich, lebe aber seit Anfang 2020 in St.Gallen.
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