Bestatter Herbert Nafzger ist zu Gast im fadegrad-Podcast

#43 Am Friedhof: Dieser Mann hat 5.000 Menschen beerdigt

Vor 43 Jahren schaufelte Herbert Nafzger zum ersten Mal ein Grab. Erst half er seinem Vater am Friedhof, später wurde er selbst Bestatter. Zusammen haben die Nafzgers halb Romanshorn unter die Erde gebracht.

Es ist laut auf dem Friedhof. Mal brummt ein Rasenmäher, mal ein Bagger, zwischendurch ertönt lautes Hämmern. 100 Wohnungen entstehen gleich neben dem evangelischen Friedhof Romanshorn. Beschweren sich die Angehörigen über den Lärm? «Nein», sagt Herbert Nafzger. Der Baulärm lasse sich nicht vermeiden, und immer sei es nicht so laut.

Friedhof im Wandel

Nafzger kennt den Friedhof wie kein Zweiter. 5000 Verstorbene hat er bestattet, schätzt er. Als der gelernte Gärtner das Amt von seinem Vater übernahm, hiess es noch Totengräber. Heute ist er Bestattungsbeauftragter. Ist der Tod aus der Berufsbezeichnung verschwunden, weil er ein Tabu ist? «Möglich», meint Nafzger. «Manche Menschen setzen sich ein Leben lang nicht mit dem Tod auseinander – ist es dann so weit, dann sind sie überrascht», stellt der 62-Jährige nüchtern fest.

Der Friedhof ist nicht nur für die Toten da, sondern auch für die Lebenden.

Bestatter Herbert Nafzger im fadegrad-Podcast

Mit 19 Jahren hat Herbert Nafzger zum ersten Mal ein Grab ausgehoben. Mit Spaten, Schaufel und Schubkarre. Was geht ihm beim Schaufeln durch den Kopf? «Wenn du mit jedem Spatenstich tiefer buddelst, da verändert sich das Weltbild», erzählt er. Die Arbeit erledigten die Hände, der Kopf aber habe Zeit zum Nachdenken. «Da nebenan liegt der Hans», denke er dann etwa, «und da vorne jene Frau, die so früh an Krebs gestorben ist.»

Die meisten Menschen, die Herbert Nafzger heute bestattet, kannte er persönlich – auch ihre Kinder, wenn sie zum Trauern auf den Friedhof kommen. «Das ist manchmal fast wie eine Klassenzusammenkunft.» Ihre Rückmeldungen sind es, die ihn für seine Arbeit motivieren. Dass sie sich über das schön bepflanzte Grab freuen. «Das ist mein Berufsstolz. Denn der Friedhof ist nicht nur für die Toten da, sondern auch für die Lebenden.»

Kirchenbote

Dem Podcast liegt eine gemeinsame Recherche mit dem Kirchenboten zugrunde.

Text: Stefan Degen

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